Levin Freiherr von Wintzingeroda-Knorr

Am 17. Januar 1830 auf Adelsborn geboren besuchte er zunächst in Roßleben, an der Unstrut im Kreis Querfurt gelegen, die Klosterschule, die zu den „vorzüglichsten gelehrten Schulen Sachsens" zählte. Nach Erlangung des Maturitätszeugnisses schrieb er sich zum Wintersemester 1849/50 an der Georg-August-Universität Göttingen für das Studium der Kameralistik und Jurisprudenz ein. Außer in Göttingen studierte eine Zeitlang auch an der Universität Bonn und belegte neben seinen eigentlichen Fächern auch historische Lehrveranstaltungen. Wie sein Vater trat er nach dem Studium in den staatlichen Dienst ein. Neben der beruflichen Tätigkeit als Landrat des Landkreises Mühlhausen (1857-71), Landarmendirektor der Provinz Sachsen (1872-76) und schließlich erster Landesrat und Stellvertreter des Landeshauptmanns der Provinz Sachsen (1876-84) ging Levin von Wintzingeroda-Knorr gelegentlich auch seinem früh erwachten historischen Interesse nach; so publizierte er neben einer Statistischen Übersicht des Landkreises Mühlhausen (1866) vier kleinere Arbeiten zur Rechtsgeschichte, Schulgeschichte und dörflichen Wirtschaftsgeschichte des Eichsfeldes. Sie erschienen in der Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Alterthumskunde, da es für das Eichsfeld und den südwestlichen Bereich der damaligen Provinz Sachsen keine eigene namhafte wissenschafliche Zeitschrift gab. Daneben trug er über lange Jahre hinweg umfangreiches Material für größere Darstellungen zusammen. Eine erste, in den Jahren 1892 und 1893 in zwei Heften der Reihe „Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte" zu Halle erschienen, trägt den Titel „Die Kämpfe und Leiden der Evangelischen auf dem Eichsfelde" und ist nicht nur vom Titel her stark von den Auseinandersetzungen des Kulturkampfes geprägt: Nicht wenige Seitenhiebe gelten dem Jesuiten Johann Wolf (1743-1826), der die Geschichte, insbesondere die Kirchengeschichte, des Eichsfeldes naturgemäß aus ganz anderer Perspektive geschildert hatte. Explizit als katholische Antwort auf Wintzingeroda-Knorr verfaßte der Pfarrer und Heimatforscher Philipp Knieb (1849-1915) eine „Geschichte der Reformation und Gegenreformation auf dem Eichsfelde" (1900) sowie eine Abhandlung über den „Bauernkrieg auf dem Eichsfelde" (1912). Über den konfessionellen Streit hinaus kommt den Werken beider Autoren das Verdienst zu, eine Fülle neuer historischer Quellen erschlossen zu haben; Wintzingeroda-Knorr hat vor allem aus dem eigenen sowie den Archiven befreundeter adliger Familien geschöpft (zu denen der ehemalige Jesuit Wolf seinerzeit begreiflicherweise keinen Zutritt erhalten hatte), während Knieb insbesondere die großen Archivbestände in Würzburg, Wetzlar, Wien, Dresden und Magdeburg ausschöpfte. 

 Wintzingeroda-Knorr hat neben diesen Abhandlungen, die ihm im wahrsten Sinne eine Herzensangelegenheit war, über Jahre hinweg das Material für sein Hauptwerk, die Wüstungskunde des Eichsfeldes, gesammelt. Nicht nur wegen seiner beruflichen Verpflichtungen, sondern hauptsächlich aus gesundheitlichen Gründen konnte er die Materialsammlung in den frühen achtziger Jahren nicht so rasch vorantreiben wie er und die Historische Kommission zunächst geglaubt hatten. Im Jahre 1884 entschloß er sich daher, vorzeitig in den Ruhestand zu treten, um sich, soweit seine beeinträchtigte Gesundheit dies zuließ, voll und ganz dem Wüstungswerk zu widmen. 

Ausgangspunkt für seine Darstellung des von ihm in denkbar breitem Umfang erhobenen historischen Materials waren neben den kartographischen Entwürfen des Kataster-Kontrolleurs Hebers die Vorgaben der Historischen Kommission.

Während der Drucklegung seines großen Werkes in Halle ist Lewin von Wintzingeroda-Knorr am 27. Juni 1902 in Göttingen verstorben.

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