Johann Wolf

Vater der eichsfeldischen Geschichtsschreibung

Mit Johann Wolf (1743-1826) beginnt die wissenschaftliche Geschichtsschreibung im Eichsfeld, und durch sein fundamentales Gesamtwerk erreicht sie zu Anfang des 19. Jahrhunderts zugleich einen Höhepunkt. 40 zum Teil recht voluminöse Bücher und Aufsätze entstanden als Ergebnisse seiner Forschungen in Archiven und Bibliotheken während eines knappen halben Jahrhunderts. Für die Qualität und den Nutzen seiner Schriften fanden schon die Zeitgenossen hohes Lob und viel Anerkennung. Auch heute ist er als geehrter „Vater der eichsfeldischen Geschichtsschreibung“ in seiner Heimat noch immer gegenwärtig.

 

Klappentext zum Buch über Johann Wolf: Johann Wolf - Historiker des Eichsfeldes. Landesgeschichtsschreibung um 1800

Mit Johann Wolf (1743-1826) fängt die Geschichtsschreibung im Eichsfeld an und mit ihm erreicht sie zugleich einen Höhepunkt. Kein anderer wissenschaftlicher Autor nach ihm hat mit mehr als 40 Schriften, von denen die meisten ausgewachsene Bücher sind, ein derart umfangreiches und weit gefächertes Wer vorlegen können..
Die Arbeiten eines Historikers, auch des allerberühmtesten, sind zweihundert Jahre später in vielem überholt. Das gilt auch für die von Wolf. Immer aber sind Wolfs Ausführungen anregend und bieten manches Material, zum Teil an versteckter Stelle und in den Fußnoten, vor allem aber in dem Urkundenanhang, den er den meisten seiner Werke beigefügt hat. Auf diese Weise hat Wolf etwa 1500 Texte von rechtlicher Bedeutung, vorwiegend aus dem Mittelalter, veröffentlicht. Diese Editionen, schon für sich genommen ein Monumentalwerk, sind auch heute nicht überholt und oft die einzige Überlieferung, da viele Urkunden in den letzten zweihundert Jahren untergegangen sind. Zum anderen sind sie für die Zeit nach 1300, die das Urkundenbuch des Eichsfeldes von Aloys Schmidt nicht mehr erfaßt, oft auch der einzige Abdruck vieler wichtiger Stücke.

Heute sind viele Bücher Wolfs nachgedruckt und im Buchhandel erhältlich. Das gilt für kaum einen anderen Historiker Deutschlands des 18. und 19. Jahrhunderts. Doch die gegenwärtige Geschichtswissenschaft außerhalb des Eichsfeldes nimmt Wolf kaum zur Kenntnis. Das mag daran liegen, daß Wolf ausschließlich landesgeschichtlich forschte und Themen der allgemeinen Geschichte nicht bearbeitete. Und innerhalb der Landesgeschichte konzentrierte er sich auf sein Vaterland, das Eichsfeld.

Johann Wolf hatte das Bewußtsein, in einer Aufbruchszeit der Geschichtswissenschaft zu leben. „Seit 50 Jahren haben sich die Zeiten, wie in vielen andern Dingen, so auch im historischen Fache, sehr geändert. Was für große Fortschritte hat indessen die Geschichte nicht gemacht? Wie weit rückt sie nicht täglich vor? Von allen Seiten her werden Archive in Deutschland eröffnet und Schätze des Altertums der gelehrten Welt mitgeteilt.“

Als seine persönlichen Voraussetzungen benennt er die Neugierde auf die Vergangenheit. „Wie, dachte ich oft bei mir, hat es wohl vor 1000 Jahren hier zu Lande ausgesehen? Was für Herren besaßen damals die hiesige Gegend? Wann und wie ist sie an das Erzstift Mainz gekommen? Welches sind die wichtigsten Begebenheiten und Veränderungen, die sich hier ereigneten?“

Dennoch, war es - im ausgehenden 18. Jahrhundert ähnlich wie heute - notwendig, diesen Wissensdurst auch finanzieren zu können. Als Lehrer am Gymnasium seines Ordens in Heiligenstadt, später am Kurfürstlichen Gymnasium an gleicher Stelle war dies für Wolf nur sehr eingeschränkt möglich. Nur die Hilfe ihm wohlgesonnener Unterstützer bei der kurfürstlichen Regierung in Mainz befreite ihn aus seiner finanziellen, vor allem jedoch zeitlichen Notlage. Ein Kanonikat in Nörten, das Wolf durch die Einflußnahme aus Mainz erhielt, bot ihm einen gesicherten Lebensunterhalt bei wenig Verpflichtungen und bildete schließlich die materielle Voraussetzung für eine jahrzehntelange wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte des Eichsfeldes. Alle erreichbaren Archive und Registraturen seiner Heimat und der Landeshauptstadt Mainz durchforschte er nach unbekannten Urkunden - der Fleiß von Wolf war sprichwörtlich. Wolf beließ es aber nicht beim Sammeln, sondern schritt auch zur Auswertung. Er zog die gesamte wissenschaftliche Literatur seiner Zeit heran, um eine reflektierte Geschichtsdarstellung auf neuestem Stand zu erarbeiten.

Persönlich legt er einen Gestus von Bescheidenheit bei der Beschäftigung mit der Wissenschaft an den Tag: er will nicht für seine abgeschlossenen Arbeiten gelobt werden, sondern Neues erfahren. In der Vorrede zu einer seiner Schriften benennt er seine Beweggründe, sich mit dem Thema zu befassen: „Du sitzest, dachte ich, am nächsten bey der Quelle, woraus du leichter und geschwinder schöpfen kannst, als jeder Andere; dir fehlt es nicht an Zeit, dich dieser Arbeit ganz zu widmen, und hast Gelegenheit neue historische Kenntnisse zu erwerben.“ Noch im hohen Alter arbeitete Wolf mit unverminderter Schaffenskraft. Landgerichts-Assessors Paul Wigand in Höxter schreibt in seinen autobiographischen Aufzeichnungen von „meinem gelehrten Freund, dem 79jährigen, aber lebendig gütigen, fleißigen und geistesfrischen Canonicus Wolf“.

Die Zeitgenossen, vor allem die Professoren der damals führenden Universität Deutschlands, Göttingen, haben das wissenschaftliche Werk von Johann Wolf anerkannt und gelobt. Der preußische Staatskanzler Hardenberg vertraute ihm sein Familienarchiv zur Abfassung seiner Familiengeschichte an. Sie, alle protestantischer Konfession, bemerkten, daß der Katholik Wolf sich nicht auf Glaubenswahrheiten seiner Kirche zurückzog, sondern historische Belege lieferte und argumentierte. Er hielt nur das für wirklich, was durch die Überlieferung bewiesen werden kann. Diesen Anspruch verkündete Wolf in seinen Vorworten - und er handelte danach. Seine Bücher und Abhandlungen sind von dem Klima der geistesgeschichtlichen Epoche der Aufklärung und des Rationalismus geprägt. „Wahrhaft aufgeklärte Leser kennen die Pflicht des Geschichtsschreibers und erwarten von ihm treue und wahrhafte Erzählungen, sie mögen nun gefallen oder nicht. So wenig Jemand über den Spiegel zürnen darf, wenn er ihn nicht so schön vorstellet, als er sein möchte: eben so wenig darf man über die Geschichte böse werden, ob sie gleich uns unangenehme Sachen darstellt, wenn sie nur ein ächtes Bild der vergangenen Zeiten ist. Um ein solches zu zeichnen und auszumalen, habe ich nichts anderes als authentische Urkunden vor Augen gehabt.“ Abweichende Auffassungen in Einzelfragen konnten in einem solchen Klima um so mehr ertragen werden, als das ausgehende 18. Jahrhundert von religiöser Toleranz und noch nicht vom konfessionellen Gegensatz des Kulturkampfes geprägt war.

Eine Beschäftigung mit Wolfs Werk lohnt sich. Bislang gibt es nur wenige umfangreiche Beiträge, meistenteils aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts, über ihn und sein Werk. In dem vorliegenden Band werden in 14 Aufsätzen Herkunft und Biographie, Werk und Nachleben detailliert untersucht. Ein Katalog von Veröffentlichungen Wolfs und eine Bibliographie der Schriften über ihn erleichtern die Arbeit mit seinem Werk ebenso wie der Nachdruck zweier Aufsätze, die 1805 an entlegenem Ort erschienen sind und bislang keine Beachtung fanden. Die Widmungen und Vorreden Wolfs zur Familiengeschichte Hardenberg werden ediert und ebenso Kurmainzer Archivalien, die Aufschluß über die Entstehungsgeschichte der „Politischen Geschichte des Eichsfeldes“ und der „Geschichte und Beschreibung der Stadt Heiligenstadt“ geben.

Ein Buch über einen Landeshistoriker des Eichsfeldes richtet sich zunächst einmal an die Eichsfelder selbst. Die folgenden Aufsätze bieten manche Information, benennen manchen Zusammenhang, die dem historisch interessierten Eichsfelder neu sind. Das vorliegende Buch richtet sich aber auch an Historiker außerhalb der engeren Region, die an der Geschichte der Historiographie interessiert sind und am geistigen Leben am Ende des Ancien régime und zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Obwohl schon seit mehreren Jahren geplant, konnte dieser Sammelband doch erst entstehen, nachdem sich auch jene Mitarbeiter bereit gefunden hatten, ohne welche ein solch weitläufiger Blick auf den Ex-Jesuiten, den Lehrer und den Historiker Johann Wolf nicht in dieser Form möglich gewesen wäre. Ihnen allen gilt es, Dank zu sagen, ebenso wie den Verantwortlichen im Landratsamt des Landkreises Eichsfeld, in der Heiligenstädter Stadtverwaltung und dem Bischöflichen Geistlichen Kommissariat für das Eichsfeld, die diesen Band in ihre gemeinsame Reihe „Beiträge aus den Archiven im Landkreis Eichsfeld“ aufgenommen haben. Dennoch hätte er nicht erscheinen können, wenn nicht die Kreissparkasse Eichsfeld, die Eichsfelder Kulturbetriebe und die Stadtverwaltung von Heilbad Heiligenstadt die finanzielle Seite dieses Unternehmens und Josef Keppler das Lektorat abgesichert hätten. Hier ging es uns wie Johann Wolf vor über 200 Jahren, der in einem seiner Briefe an die kurfürstliche Regierung zu Mainz schrieb, daß erst die Finanzierung seines Buches gesichert sein müsse, bevor es erscheinen könne.


Dr. Ulrich Hussong und Thomas T. Müller M. A.

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