Emmi Hundertmark, geboren am 25. Januar 1925 in Ahlshausen, einziges Kind von Wilhelm und Emma Brackmann, Bäuerin, Hausfrau, Mutter, Arbeiterin, Hauswirtschaftsleiterin in einer Suchtklinik und Pflegerin ihrer kranken Mutter, erzählt Geschichten aus ihrer Kindheit und ihren jungen Jahren. Das Dorf Ahlshausen in Süd-Niedersachsen ist ihre Welt. Dort erlebte sie die Zeit zwischen den Kriegen, die Nazizeit, den Zusammenbruch und den Wiederaufbau. Sie fokussiert die Zeitereignisse in Erzählungen von Bauernarbeit und ländlichen Festen, von ihrer Familie und ihren Verwandten, von Nazis und Juden, von Soldaten, polnischen und russischen Zwangsarbeitern, Amerikanern, Briten, Ausgebombten, Flüchtlingen und Heimkehrern: Ahlshausen, zwischen Hügeln und Wäldern gelegen, hat sie alle gesehen, sie aufgenommen, sie ernährt und mit ihnen gelebt. Von Ahlshausens Heldentaten und seinem Alltagsleben, von der Tatkraft, dem Humor und der Menschlichkeit seiner Bewohner erzählt dieses Buch.
Emmi Hundertmark ist 2006 verstorben.
Aus dem Vorwort von Gesine Schumacher
Ich besuchte Emmi Hundertmark z
Emmi Hundertmark, geboren am 25. Januar 1925 in Ahlshausen, einziges Kind von Wilhelm und Emma Brackmann, Bäuerin, Hausfrau, Mutter, Arbeiterin, Hauswirtschaftsleiterin in einer Suchtklinik und Pflegerin ihrer kranken Mutter, erzählt Geschichten aus ihrer Kindheit und ihren jungen Jahren. Das Dorf Ahlshausen in Süd-Niedersachsen ist ihre Welt. Dort erlebte sie die Zeit zwischen den Kriegen, die Nazizeit, den Zusammenbruch und den Wiederaufbau. Sie fokussiert die Zeitereignisse in Erzählungen von Bauernarbeit und ländlichen Festen, von ihrer Familie und ihren Verwandten, von Nazis und Juden, von Soldaten, polnischen und russischen Zwangsarbeitern, Amerikanern, Briten, Ausgebombten, Flüchtlingen und Heimkehrern: Ahlshausen, zwischen Hügeln und Wäldern gelegen, hat sie alle gesehen, sie aufgenommen, sie ernährt und mit ihnen gelebt. Von Ahlshausens Heldentaten und seinem Alltagsleben, von der Tatkraft, dem Humor und der Menschlichkeit seiner Bewohner erzählt dieses Buch.
Emmi Hundertmark ist 2006 verstorben.
Aus dem Vorwort von Gesine Schumacher
Ich besuchte Emmi Hundertmark zum ersten Mal von Bad Gandersheim aus. Pitschenass stand ich eines Tages vor ihrer Haustür - ich war mit dem Fahrrad gekommen und in einen Gewitterregen geraten. Mir trat eine schöne, sechzigjährige Frau entgegen, einen Kopf größer als ich, mit braunen Augen, die mich mitten in Niedersachsen auf dem Land überraschten; sie kommen, wie man einer ihrer Geschichten entnehmen kann, von ihrer Großmutter Lüdecke.
Emmi führte mich über die Diele in ihre Küche, Zentrum ihres alten Fachwerkhauses, das der Ort vieler der Geschichten ist, die nun folgen, und verwickelte mich in eins dieser sehr persönlichen Gespräche, die wir im Lauf unserer schließlich mehr als zwanzigjährigen Freundschaft führten, in denen sie durch ihr kluges Zuhören, ihre überraschenden Fragen, ihr offenes Sich-Selbst-Mitteilen so manchem, und auch mir, aus den Fallen herausgeholfen hat, in denen er steckte. Ich empfand ihr bedingungsloses Eingehen auf meine Person als einen dicken Nachschlag Mutterliebe, den mir ihre Kinder Gisela und Gerhard großmütig gönnten. Zu diesem Eindruck trug Emmis Gastfreundschaft bei: Alle, die zu ihr kamen, wurden mit Kaffee und dem wunderbaren Ahlshäuser Brot versorgt und auch mit so manchem Mittagessen. Dieses Dorf Ahlshausen war ein nahrhafter Ort für Leib und Seele. Es liegt übrigens, von der Welt abgeschnitten, in dem Dreieck zwischen Bad Gandersheim, Northeim und Einbeck.
Emmis Geschichten lernte ich zuerst in der plattdeutschen Urfassung kennen. Ich las mich hinein - die Lautgesetze des Ahlshäuser Platts waren durchaus zu entschlüsseln - aber stolperte über viele Spezialausdrücke und Redensarten. Doch vor, ich glaube, sieben oder acht Jahren bekam ich von ihr ein Weihnachtspäckchen mit einer hochdeutschen Version, die mich zum Lachen und Weinen zugleich brachte und die man wunderbar vorlesen konnte, weil sie noch den Stempel der mündlichen Rede trug.
Die Familie hatte öfter mit dem Gedanken gespielt, sie einem breiteren Leserkreis zugänglich zu machen. (Einzelne von ihnen sind in lokalen Zeitungen gedruckt worden.) Aber erst, als Emmi mit völlig zerarbeiteten Knochen sehr schmerzvoll in Northeim im Pflegeheim lag, nahm der Plan, mit mir als Schriftführerin, konkrete Gestalt an. Sie ließ sich viele der Geschichten, die ihr teuerster Besitz waren, noch einmal vorlesen; ich rühmte sie, und Emmi sagte: „Und das alles ist wahr!"
Ich denke, für den städtischen Leser ist es gleich, ob er weiß, dass die „Rungschenkuhle" eine Futterrübenmiete, Wickenfutter eine Mischung aus Hafer und schwarzen Bohnen und ein Milchbock ein Bänkchen am Zaun („Stakett") ist, auf dem die Milchkannen zur Abholung durch die Molkerei stehen. Das meiste kann man sich zusammenreimen. Aber er sollte nicht über grammatische, mundartbedingte Unklarheiten stolpern, und der Satzbau sollte, schon um des Vorlesens willen, nicht durch eine sehr eigenwillige Zeichensetzung verunklärt sein. So habe ich den Text, den ich in Händen hatte, behutsam normalisiert; ich hoffe, dass der mündliche, ein wenig altertümliche Duktus trotzdem durchzuhören ist. Ein Mini - Wörterbuch mit Erklärungen von Fachausdrücken und familiären Wendungen ist beigefügt. Ich danke Frau Irmgard Klinge aus Ahlshausen, die mir bei seiner Erstellung geholfen hat. Die Titel der Geschichten stammen zumeist von mir, Emmi hatte ihnen keine gegeben; für die Fotos zeichnet Gerhard Hundertmark. Übrigens: Emmis Mutter hieß Emma, nicht verwechseln!
Ich wünschte mir, dass auch Sie Emmis Witz, ihren Sinn für Dramatik, die Poesie und die Weisheit, die in ihrem kleinen Werk verborgen sind, spüren können. Lassen Sie sich von ihr mitnehmen in eine versunkene dörfliche Welt mit ihrem lebendigen Sozialgefüge, in der die Menschen mit harter Arbeit und großem Wissen, mit Pragmatismus und gesunder Skepsis, mit Zivilcourage und viel Herz die Zeit der Weltkriege überstanden.
Emmi ist nun tot.
Wie es mit Ahlshausen weitergehen wird? Die alten Häuser stehen noch, Neues ist kaum hinzugekommen; das Dorf ist still geworden, fast alle Kaufläden sind geschlossen. Aber es gibt eine Diskothek, in die die Jugendlichen der Umgebung strömen. Wie Emmi es sagt: „Die Zeit geht einfach weiter..."
