Energiewende eröffnet dem Handwerk umsatzstarke Märkte
Erneuerbare Energien und Elektromobilität bieten interessante Zukunftsperspektiven
Das Selbstbewusstsein des Handwerks als „offizieller Ausrüster" der Energiewende basiert nicht allein auf den aktuellen Marktchancen der energetischen Gebäudesanierung. Zu erfolgreichen Zukunftsmärkten für Handwerksunternehmen entwickeln sich auch die beiden weiteren Pfeiler der Energiewende, erneuerbare Energien und Elektromobilität. Eine Studie des Göttinger Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh) prognostiziert für die nächsten knapp acht Jahre bis 2020 allein in den beteiligten Handwerksbranchen Umsatzpotentiale von annähernd 60 Mrd. Euro.
Während im Bereich der energetischen Gebäudesanierung schon jetzt vor allem Bauhauptgewerke und Ausbauhandwerke weit reichende Potentiale erschließen können, eröffnen die Zukunftsmärkte Erneuerbare Energien und Elektromobilität große Chancen für die Elek
Energiewende eröffnet dem Handwerk umsatzstarke Märkte
Erneuerbare Energien und Elektromobilität bieten interessante Zukunftsperspektiven
Das Selbstbewusstsein des Handwerks als „offizieller Ausrüster" der Energiewende basiert nicht allein auf den aktuellen Marktchancen der energetischen Gebäudesanierung. Zu erfolgreichen Zukunftsmärkten für Handwerksunternehmen entwickeln sich auch die beiden weiteren Pfeiler der Energiewende, erneuerbare Energien und Elektromobilität. Eine Studie des Göttinger Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh) prognostiziert für die nächsten knapp acht Jahre bis 2020 allein in den beteiligten Handwerksbranchen Umsatzpotentiale von annähernd 60 Mrd. Euro.
Während im Bereich der energetischen Gebäudesanierung schon jetzt vor allem Bauhauptgewerke und Ausbauhandwerke weit reichende Potentiale erschließen können, eröffnen die Zukunftsmärkte Erneuerbare Energien und Elektromobilität große Chancen für die Elektro- und SHK-Berufe, Kfz-Handwerk und -Handel, die Fahrradbranche sowie die Zulieferer der Autoindustrie. Allerdings würden die Notwendigkeit der Energiewende und die großen mit ihrer Umsetzung verbundenen Chancen seitens der Unternehmen offenbar nicht ausreichend wahrgenommen, stellt die Studie fest. Der kontinuierliche und langfristige Ausbau der erneuerbaren Energien und der Elektromobilität seien aber elementare Bestandteile des Energiekonzepts der Bundesregierung, mit dem verbindlich festgelegte Klimaschutzziele erreicht werden sollen, betont die Studie. Nicht nur aus diesem Grund sei der bereits beschrittene Pfad faktisch unumkehrbar.
Wenn sich das Handwerk dauerhaft als „Ausrüster der Energiewende" etablieren wolle, sei es notwendig, dass es von der Bevölkerung als potenzieller Auftraggeber als kompetenter Ansprechpartner in diesem Bereich wahrgenommen werde. Auch die betreffenden Handwerke selbst müssten sich stärker mit der Energiewende und ihren Folgen als Auftragnehmer und Dienstleister identifizieren. So bezeichnet die Studie das „integrierte Angebot von Energie- und Mobilitätsdienstleistungen inklusive Wartung und Instandhaltung", also z.B. das Carport mit Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zur Aufladung des Elektro-Autos, als ein interessantes Zukunftsfeld, das „eher heute als morgen konkretisiert werden sollte".
Über die tatsächliche Bedeutung von erneuerbaren Energien und Elektromobilität für das Handwerk gibt es aktuell keine verfügbaren Daten. Daher hat die Studie Zahlen aus anderen Quellen herangezogen, z.B. die Strom- und die Wärmebereitstellung aus erneuerbaren Energien, um Rückschlüsse auf das Zukunftspotenzial der Energiewende für das Handwerk zu ermöglichen. Danach sind gut 273.000 Handwerksbetriebe in Bereichen tätig, die Bezüge zu den erneuerbaren Energien aufweisen. Wäre nur ein Drittel der Unternehmen tatsächlich in diesen-Märkten tätig, so die ifh-Studie, ergäbe sich rein rechnerisch ein Umsatzpotenzial pro Betrieb von rund 610.000 Euro bis 2020.
1 Einführung
1.1 Problemstellung
Das Handwerk versteht sich als „offizieller Ausrüster"1 der Energiewende und verspricht sich weitreichende Potenziale aus ihrer Umsetzung. Das gemeinhin als Energiewende bezeichnete, um den Ausstieg aus der Atomenergie erweiterte Energiekonzept der Bundesregierung stammt aus dem Jahr 2010 und schreibt im Wesentlichen die energie- und klimapolitischen Zielsetzungen aus dem im Jahr 2007 beschlossenen Integrierten Energie- und Klimaschutzprogramm der Bundesregierung fort. Zur Erreichung des Primärziels der Reduktion der Treibhausgasemissionen, dem Hauptverursacher des Klimawandels, um mindestens 80 % bis 2050 gegenüber dem Referenzjahr 1990 setzt die Bundesregierung neben einer Reduzierung des Energieverbrauchs vor allem auf die Handlungs- bzw. Zukunftsfelder erneuerbare Energien (EE), Energieeffizienz und nachhaltige Mobilität, derzeit insbesondere die Elektromobilität (E-Mobilität), für die bereits konkrete Ausbauziele festgelegt wurden.
Der zur Erreichung der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung notwendige Ausbau der EE lässt sich hinsichtlich der hierfür benötigten Investitionen in die Errichtung von EE-Anlagen recht verlässlich abschätzen. Der die Elektromobilität für den Massenmarkt qualifizierende Durchbruch bei den Speichertechnologien steht dagegen noch bevor, so dass die Auswirkungen auf die Automobilindustrie und mit ihr verflochtene Wirtschaftszweige zwar abgeschätzt, jedoch nur im Falle der Ladeinfrastruktur hinreichend konkretisiert werden können.
Wenngleich das Handwerk bislang vornehmlich die Energieeffizienz, d.h. den Bereich der energetischen Gebäudesanierung fokussiert, so sind doch gerade in den technologieintensiven Zukunftsmärkten für erneuerbare Energien und Elektromobilität beachtliche Potenziale für bedeutende Teile des Handwerks zu vermuten.
Studien belegen allerdings, dass das Handwerk in der jüngeren Vergangenheit eher unterdurchschnittlich von Zukunftsmärkten profitiert hat. Dies gilt beispielsweise für Zukunftsmärkte, die im Zusammenhang mit den Megatrends Globalisierung und der Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien stehen, wie später noch gezeigt wird. Der Strukturwandel im Handwerk und auf den Handwerksmärkten hat sogar dazu geführt, dass das Handwerk in den letzten zwei Dekaden etwa 20 % seiner Beschäftigten (1 Mio. Personen) verloren hat.2
Diese Entwicklungen machen deutlich, dass eine Aktivierung der in den genannten Zukunftsfeldern bestehenden Potenziale für das Handwerk eine wichtige Rolle für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Handwerksbetriebe spielt. Will sich das Handwerk dauerhaft als Ausrüster der Energiewende etablieren kann, sollten bestehende und zukünftige Potenziale, aber auch die Herausforderungen identifiziert und konkretisiert werden, insbesondere um das Handwerk noch stärker für diese Märkte zu sensibilisieren und die mit ihnen zusammenhängenden Potenziale zu aktivieren. Mit der vorliegenden Studie greifen die Autoren damit nicht allein ein hochaktuelles und für die gesamte Volkswirtschaft bedeutsames Thema auf, sondern schließen mit dem Fokus auf die erneuerbaren Energien und die Elektromobilität gleichzeitig bestehende Lücken in der handwerksspezifischen Forschung.
1 Vgl. www.handwerk.de/kampagne/motive-downloads.html (Abruf 03.12.12).
2 Vgl. Müller (2012).